Autor
René Rheims
03.09.2024

Die soziokulturelle Dimension der Freiraumplanung

Städte brauchen Begegnungsräume
In vielen urbanen Zentren ist ein kontinuierliches Bevölkerungswachstum zu verzeichnen, welches die Verdichtung der städtischen Gebiete vorantreibt. Diese Dynamik stellt eine Herausforderung dar, da sie die Notwendigkeit mit sich bringt, ausreichend Wohnraum, Infrastruktur und Dienstleistungen für die expandierende Bevölkerung zu schaffen, ohne dabei die Lebensqualität der Bewohner*innen zu beeinträchtigen. Besonders gravierend wird diese Herausforderung durch die spürbaren Auswirkungen des Klimawandels, die bereits den Alltag von Menschen und deren Umwelt einschränken. Angesichts dieser Entwicklungen finden derzeit intensive Diskussionen über nachhaltige und klimaresiliente Stadtentwicklung sowie Landschaftsarchitektur statt.
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Für die Neugestaltung des Marktplatzes in Willich wurde KRAFT.RAUM 2020 mit dem polis award ausgezeichnet.
Foto:
Nikolai Benner

Den alltäglichen Austausch fördern

Doch wie steht es um die soziokulturelle Dimension der Freiraumplanung? Insbesondere in einer Ära, die von einer Abfolge an Krisen und geopolitischen Spannungen geprägt ist, gewinnen öffentliche Räume und ihre Funktion zunehmend an Bedeutung. Parks, Plätze und andere öffentliche Bereiche dienen nicht nur als Kulisse des städtischen Lebens und Orte der Erholung, sondern fungieren auch als Plattformen für soziale Interaktion und Gemeinschaftsbildung. Die bewusste Gestaltung dieser Räume kann maßgeblich zur Stärkung sozialer Bindungen und Förderung eines gemeinschaftlichen Zusammenhalts beitragen.

Unser Ziel soll es sein, inklusive Umgebungen zu gestalten, die den alltäglichen Austausch fördern. Wo Menschen verschiedener Hintergründe zusammenkommen, Ideen und Erfahrungen austauschen, neue Inspirationen gewinnen und wieder in den Dialog treten können. Durch diese Begegnungen erkennen wir, dass es nicht nur „die anderen“, sondern auch ein gemeinsames „uns“ an den sozial gestalteten Plätzen gibt.

Es ist an der Zeit, dass wir als Planende auf die Schaffung grüner und klimaresilienter Bereiche auf öffentlichen Plätzen abzielen und Orte schaffen, die das soziale Miteinander fördern und die kulturelle Vielfalt der Gemeinschaft unterstützen. Diese Begegnungsorte sollen Menschen unabhängig von ihren individuellen Unterschieden zusammenbringen.
René Rheims,
KRAFT.RAUM, Düsseldorf

Freiräume für Vielfalt und Diversität

Begegnungsräume, die unterschiedliche Menschen einladen, können zudem dazu beitragen, soziale Ungleichheiten zu verringern, indem sie allen Bewohnerinnen und Bewohnern einer Stadt gleiche Chancen bieten, am öffentlichen Leben teilzunehmen. Daher ist es bei der Planung solcher Räume wichtig, die verschiedenen Bedürfnisse und Interessen zu beachten, um sicherzustellen, dass sie für alle zugänglich und nutzer*innenfreundlich geschaffen werden. Dies bedeutet unter anderem, öffentliche Plätze und Grünflächen so auszuformulieren, dass sie vielfältige Aktivitäten ermöglichen und gleichzeitig Rückzugsmöglichkeiten für jene bieten, die es ruhiger mögen. Darüber hinaus ist es wichtig, barrierefreie Zugänge zu schaffen und die Bedürfnisse Benachteiligter einzubeziehen.

Das Herzstück des Platzes bildet eine lange Tafel.
Für Rheims ist sie ein „Sinnbild des Aufeinandertreffens“.
Foto:
Nikolai Benner

Um sicherzustellen, dass alle Menschen gleichermaßen am sozialen Freiraum teilhaben können, ist eine Planung erforderlich, die sich an vulnerablen Gruppen orientiert und ihren Bedürfnissen ausreichend Aufmerksamkeit schenkt. Ziel ist es, die Vielfalt der diversen Bedürfnisse aller Mitglieder der Gesellschaft ausgewogen zu berücksichtigen und das Bewusstsein für Gemeinschaft und Toleranz zu stärken, anstatt individuelle Interessen in den Vordergrund zu stellen. Die Mitwirkung an soziokulturellen Begegnungsräumen sollte unabhängig von Geschlecht, sozialer oder ethnischer Herkunft, Alter, Identität oder familiärer Rolle allen Bewohnerinnen und Bewohnern gleichermaßen ermöglicht werden. Durch diesen Ansatz können strukturelle Ursachen gesellschaftlicher Benachteiligung aufgebrochen, Ungleichheiten ausgeglichen und die Stadt sowie ihre Gesellschaft insgesamt gestärkt werden.

Die zur Jahrhundertwende im neugotischen Stil errichtete Pfarrkirche St. Katharina überragt das „Wohnzimmer von Willich“.
Foto:
Nikolai Benner
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Foto: Lichthalle

BIOGRAFIE

René Rheims ist studierter Landschaftsarchitekt und Büroinhaber von KRAFT.RAUM. Das Büro ist mit Standorten in Düsseldorf, Esslingen und Hamburg vertreten. Für die Neugestaltung des Marktplatzes in Willich wurde KRAFT.RAUM mit dem polis award 2020 ausgezeichnet.

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Thema
# Design # Gesellschaft # Verkehr

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